B O G E N D O R F F
   
Die dunklen Seiten des Adels

"Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner
beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrig-
zu legen." - Gustav v. Rochow (1792-1847), preußischer
Innenminister u. Staatsminister




  Jutta Ditfurth über ihr Buch "Der Baron, die Juden und die Nazis"
Thüringen Journal (MDR) am 06.02.2014

Die dunklen Seiten

des sog. Adels in Deutschland   

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Mit der Einführung der Weimarer Reichsverfassung am 14.08.1919 wandelte sich Deutschland zu einer parlamentarischen Republik. Die Monarchie und der Adel wurden abgeschafft. Bisherige Adelszeichen (auch Adelprädikate oder Adelstitel genannt) stellen seither nur noch Bestandteile des Familiennamens ohne jedwede Bedeutung dar (Art. 109 WeimRV). Das Reichsgericht stellte am 27.11.1924 bis heute gültig unmissverständlich klar:

„Die Absicht des Reichsgesetzgebers war es,
bisher adelige Namen den bürgerlichen Namen
in jeder Hinsicht gleichzustellen, daß bisherige
Adelszeichen
nicht anders als eine Silbe im
Namen zu behandeln sind.
Im Widerspruche mit
dieser gesetzgeberischen Absicht
würden dem
bisherigen adeligen Namen doch ein Vorzug
zu-
gestanden werden, wenn es unzulässig sein sollte,
 
einen so beschaffenen Namen im Verfahren der
Namensänderung zu erlangen“ .


Quellen: RGZ 109, 243, 253 (1925) = JW 1925, S. 2118 (215-218) = StAZ 1925, S. 250 (247-250)

Kurz formuliert: Frühere Adelszeichen stellen in einer Republik nichts anderes dar als willkürlich zusammengesetzte Buchstabenfolgen.


zum Haus Hannover während der NAZI-Zeit
ARD-Doku 18.08.2014


Seit der Abschaffung der deutschen Monarchie samt Adel verstehen es indes die "Blaublüter" immer wieder, den Eindruck zu erwecken, ihr Stand perpetuiere fortwährend. Seit dem 24.02.1874 hatten sich die Monarchisten in der sog. DEUTSCHEN ADELSGENOSSENSCHAFT (DAG) organisiert mit dem Ziel, den eigenen Stand zu verteidigen sowie jeder demokratischen, republikanischen, liberalen und sozialen Bestrebung massiv entgegenzutreten. Auch jagten die "Gottbegnadeten" mit Akribie "Scheinadelige", also Personen, die durch Adoption/Einbenennung/Ehe rechtmäßig den in der Märchenwelt als "adelig" geltenden Namen anstelle des "bürgerlichen" trugen. Es folgte der Eintrag in das adelige Schwarzbuch (“GOTHAER”). Diese Hetzjagd erfolgt bis heute z.T. so geschickt, dass viele Unwissende gar nicht bemerkt haben, in einer Republik können Adelsprädikate in Ermangelung einer Monarchie gar nicht existieren. Und einen Unterschied zwischen "von" und "bürgerlich" kennen weder die Verfassung (Gleichheitssatz gem. Art. 3 GG Abs. 1) noch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Alle Menschen sind vor Gott und dem Gesetz gleich! "Adeligen" schaudert diese Vorstellung.

Auch die Bezeichnung "historischer Adel" (von den Blaublütern gerne verschleiernd vorgetragen), stellt die Unwahrheit dar. Wer nach 1918 geboren wurde, ist gemäß verfassungsrechtlicher Weisung (Art. 109 I WeimRV; Art. 3 I GG) ein Bürger wie jeder andere - "von" hin oder her! Da kaum noch jemand leben dürfte, der tatsächlich als Adeliger während der Monarchie das Licht der Welt erblickte, existieren in Deutschland auch keine ehemaligen Adeligen ("historischer Adel") mehr. Der Adel ist erloschen. Der sog. Adelsstand propagiert indes bis heute genau das Gegenteil. Sebastian-Johannes Prinz v. Spoenla-Metternich fasst in seinem aufsehenerregenden Buch prägnant zusammen: Ziel des deutschen Adels sei die Restitution (Wiederherstellung) der Monarchie, die Liquidierung der republikanischen Staatsform (siehe Rezension DER SPIEGEL 10.05.1999).

Nach der Abdankung der Monarchie (1918) formierten sich die Ewiggestrigen in der Weimarer Republik neu und verlangten in der neuen DAG-Satzung vom 04.02.1921 einen Ariernachweis. Nichtdeutsche, Juden und nicht dem Mannesstamme entsprungene Personen durften die DAG-Mitgliedschaft nicht erwerben Nicht-Weiße schon gar nicht, im Kotrast hierzu erhebt das britische Königshaus seit Jahrhunderten andere Ethnien in den Adelsstand). Über die Blutreinhaltung wacht(e) der selbsternannte "Adelsrechtsausschuss", ein Privatgericht der "adligen" Parallelgesellschaft, tatsächlich  d a s  Inquisitionsgericht zur Erhaltung des königsblauen Blutes und zur Diskreditierung des bürgerlichen Standes. Lange vor der Machtergreifung Adolfs Hitlers (1933), vor den sog. Arierparagraphen (1933) und den "Nürnberger Rassegesetzen" (1935), gerierten sich die deutschen Adeligen als Antidemokraten, Nationalisten, Rassisten und Antisemiten par excellence. Es waren zuvörderst Adlige, die Adolf Hitler die Machtergreifung ermöglichten und den Weg zum Weltkrieg planierten, nicht erst seit dem sog. Preußenschlag vom 20.07.1932, als der blasierte Rechtskanzler Franz v. Papen die rechtmäßige preußische Staatsregierung verfassungswidrig absetzte  (vgl. DER SPIEGEL 19.07.2007). Dieser Staatsstreich auf der Grundlage einer Notverordnung des Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg öffnete den NAZIS die Regierungstüren (vgl. "Kabinett der Barone", 1932, unter Franz v. Papen). Der Parteienforscher Franz Walter kommt zu dem Schluss, ein paar reaktionäre Barone hätten lediglich einen halben Tag gebraucht, um das republikanische Preußen zu zertrümmern (DER SPIEGEL 19.07.2007). Selbstredend, dass tausende "Adelige" in der Wehrmacht, in der SS, in der Verwaltung und in der Justiz die Karriereleiter erkommen. Etwa 90% des deutschen Adels sah sich im Einklang mit dem Nationalsozialismus.


Hitler und der Adel - Doku 3Sat 2011


Nach der Hitler-Diktatur organisierten sich die alten Adelsstrukturen neu. Um nicht offenkundig in den Sog der rassistischen, NS-treuen DAG zu gelangen, bildeten die Monarchisten die "Arbeitsgemeinschaft deutscher Adelsverbände", welche mit der DAG logistisch und personell de facto fusionierte. Diese Arbeitsgemeinschaft bildete am 15.05.1956 das Fundament für die Ewiggestrigen zur Gründung der "Vereinigung der Deutschen Adelsverbände" (VdDA). Am gleichen Tag löste ein Notvorstand juristisch die allzu belastete DAG auf, ohne auf personelle bzw. strukturelle Kontinuität zu verzichten. Und Claus Schenk Graf v. Stauffenberg, der mutige Hitler-Attentäter, wurde, wenn auch widerwillig, als  Banner der Edlen zum Beweis der NS-Opposition hochgehalten. Tatsächlich verachteten die "Blaublüter" ihren Standesgenossen: "Mit dem Deutschen Volke begrüßt die Deutsche Adelsgenossenschaft in tiefster Dankbarkeit das Mißlingen des gegen das Leben des Führers gerichteten Anschlages. Sie verabscheut zugleich dieses verruchte Verbrechen ..." (Fürst zu Bentheim-Tecklenburg, Adelsmarschall, im DEUTSCHEN ADELSBLATT nach dem  Attentat Graf Stauffenbergs auf Adolf Hitler am 20.07.1944).

Die deutschen Adeligen verfolgen seit 507 n. Chr. bis heute auf der Grundlage des "Salischen Rechts" (Lex Salica), also der Adels-Scharia, konsequent die Ausgrenzung, gesteht der "Adelsrechtsausschuss" auf seiner Internetseite. So wird das "edle Blut" nur im Mannesstamme vererbt. Frauen bleiben grundsätzlich rechtlos, zumal in der Erbfolge. Heiratet eine adlige Tochter in eine bürgerliche Familie ein, folgt die Ausgrenzung aus dem Adelsverband. Reicht eine "adlige" Frau ihren Familiennamen an den "bürgerlichen" Ehemann weiter, fliegt sie (und die gesamte Familie) aus allen Adelsorganisationen. Auch nicht-eheliche Kinder einer Adelsdame, werden im sog. Adel verachtet und - logisch - ausgegrenzt. Das sog. Salische Recht greift bis heute (!) als Grundlage für Rassismus und Frauenfeindlichkeit in der selbsternannten Adels-Elite durch. Verstaubte dominieren die deutschen Adelsverbände und verbünden sich nicht selten mit der neuen politischen Rechten in Deutschland, z.B. um Restitutionsansprüche im Beitrittsgebiet zu forcieren. Die "NS-Rassenhygiene" als Staatsziel deckt sich weitgehend und erschreckend mit  der adeligen "Blut-Ideologie". Jutta v. Ditfurth formuliert es treffend: "Der deutsche Adel war mit seinem Judenhass und seinem elitären Blutreinheitswahn eine frühe Quelle der NS-Ideologie und der Nürnberger Rassengesetze" (Jutta Ditfurth in "Der Baron, die Juden und die Nazis", Hoffmann & Campe Verlag, Hamburg). Das amtierende Oberhaupt der Banken- u. Bleistift-Dynastie Castell, Albrecht Fürst zu Castell-Castell, beichtete kürzlich: "Im deutschen Adel ist eine antisemitische Haltung weit verbreitet" (Mainpost 21.10.2014 ).


Englische TV Dokumentation (2009)
zum vormalig herzoglichen Haus Sachsen-Coburg u. Gotha
Download-LINK hier


Wie grotesk das antiquierte Denken wirkt, belegt ein Erbschaftsstreit jüngst im sog. deutschen Hochadel. Als Albrecht Prinz von Sachsen (1934-2012) starb, verblich der letzte männliche Nachkomme des sächsischen Königs Friedrich August III. (1865-1932). Um den Fortbestand der Dynastie im ehemaligen Herrscherhaus der Altbertinischen Wettiner zu sichern, griff Prinz Albrecht bereits 1997 in die unadelige Trickkiste: Er regelte die "Thronfolge" vor einem Dresdner Notar und adoptierte anschliessend  über eine weibliche Linie den entfernten Verwandten Alexander Afif-Gessaphe, ein Deutsch-Libanese. Dies wiederum erkennt der sog. Adelsrechtsausschuss nicht an, weil ein Verstoß gegen die Lex Salica vorliege. Auch das "Hausgesetz von 1837" der Albertinischen Wettiner würden missachtet. Vielmehr sei das sächsische Herrscherhaus (Albertinische Linie) erloschen (Mitteldeutscher Rundfunk 21.04.2014). Und arabisches (=semitisches) Blut wird im arisch-deutschen Adel traditionell ohnehin nicht geduldet. Der Atisemitismus zählt bis heute zu den Grundfesten des deutschen "Adels".

Darüber wiederum freut sich Prinzen Michael von Sachsen- Weimar-Eisenach aus der Ernestinischen Linie der Sachsen-Herzöge. Damit, so Prinz Michael, sei die Leipziger Teilung Sachsens vom 26.08.1485 in die Ernestinischen (heute weitgehend Thüringen) und die Albertinischen Wettiner (heute weitgehend Sachsen und Sachsen-Anhalt) hinfällig geworden (Mitteldeutscher Rundfunk 10.04.2014). Die deutsche WIKIPEDIA-Seite des adoptierten "Thronfolgers" Alexander Prinz von Sachsen-Gessaphe wurde unerklärlich gelöscht, jedoch erscheint weiterhin die englischsprachige Version. DER SPIEGEL nannte das Gezeter der edlen Herren einfach nur "würdelos und widerlich" (Ausgabe 21.12.2002). Ungeachtet dessen tobt der Wettiner Streit über die Wirksamkeit des Salischen Rechts weiter. Karneval in Dresden und Weimar! Die deutsche Yellow Press, ohnehin weitgehend adelsbesoffen und kenntnislos, jubelt über auflagenstarke Depeschen, ohne den Leser aufzuklären, dass in Deutschland seit 1918 kein Adel mehr existiert!

Trotz dieser Tatsache erklärten die 3 thüringischen, sprich: ermestinischen Sachsen-(Groß)Herzöge, dass der albertinische eingesetzte  Chef der  Sachsen-Prinzen, Alexander Prinz von Sachsen-Gesaphe, weder dem Adel noch der Wettiner Familie angehöre (siehe BILD vom  27.06.2015). Das dynastische Haus Wettinbeschränke sich jetzt nur noch auf die thüringischen Linien, deren Lnienältester nunmehr Chef des sächsischen Gesamthauses sei: Michael-Benedikt von Sachsen-Weimar u. Eisenach. Dieser ist freilich ebenso wenig "hausgesetzmäßig" verheiratet wie dessen voraussichtliche Nachfolger. Und seit wann durfte während der Monarchie eine Scharia-Gericht ("Adelsrechtsausschuss") die Entscheidung eines soveränen Königshauses (das wären die albertinischen Wettiner heute) in Frage stellen?



Erklärung der 3 schein-adeligen Fürsten-Oberhäupter aus dem Hause der ernestinischen Wettiner vom 23.06.2015 (PDF)


Was die 3 Ernestiner jedoch in grenzenlosem Realitätsverlust nicht begreifen wollen, ist, das  k e i n  Deutscher, der nach der Ausrufung der Republik am 09.11.1918 geboren wurde, ein Adeliger sein kann - wo keine Monarchie, dort kein Adel. Tatsächlich existieren in Deutschland seit dem 09.11.1918 nur noch SCHEIN-Adelige, also Personen, die unter Täuschungsabsicht vorgeben, dem Adel anzugehgören, obgleich dieser definitiv hinweggepustet wurde.

Als Petitesse sei erwähnt, dass die römischen Caesaren (Kaiser) üblicherweise die Thronfolge durch Adoptionen zu regeln pflegten, um die geeignetesten Kandidaten mit der Führung der Staatsgeschäfte zu betreiben. Nicht das Blut entschied, wie das Hausgesetz der Sachsen-Könige von 1837 in Verkennung der Realität manifestierte, sondern die Befähigung. Nichts fürchten Adelige  indes mehr, als die Konkurrenz aus dem "bürgerlichen Lager", stünde doch deren "Gottes Gnadentum" zur Disposition.

Letztlich landete auch das römische Caesarenreich - wie alle selbsternannten Elitenreiche - (zurecht) auf dem Müllhaufen der Geschichte. Und das ist gut so.


Stand: 25.04.2016




DIE STORY (ARD 21.11.2011)



Adel vernichtet
Der Untergang des Bankhauses Oppenheim
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